Stürze im Alter vermeiden
Jede dritte Person der über 65ig-Jährigen und jede zweite Person der über 80ig-Jährigen stürzt mindestens einmal pro Jahr. In rund 20-30% der Fälle entsteht dabei eine mittelschwere bis schwere Verletzung, was auf der Ebene des Individuums oft ein einschneidendes Lebensereignis darstellt. Nicht selten wird durch ein Sturz das Wohnen zu Hause unmöglich. Statistiken der Beratungsstelle für Unfallverhütung zeigen, dass der Anteil der tödlichen Nichtberufsunfälle in der Kategorie „Haus und Freizeit“ rund zehn Mal so gross ist, wie jener des „Strassenverkehrs“. Neben den genannten Auswirkungen auf der Ebene des Individuums sind auch die volkswirtschaftlichen Folgen beträchtlich. Laut dem bfu-Report aus dem Jahre 2007 kostet ein Sturz bei Senioren durchschnittlich rund 100`000 Franken. Wirft man den Blick in die nahe Zukunft, so kann aufgrund des demografischen Wandels angenommen werden, dass die Dringlichkeit der Thematik weiterhin zunehmen wird.
Doch was kann nun in der Praxis getan werden, um das Problem auf der Ebene des Individuums minimieren zu können? Um der Sache etwas auf den Grund gehen zu können, werfen wir vorerst einen Blick auf die Sturzursachen. Nachfolgend werden einige von ihnen genauer betrachtet:
Alter
Die Wahrscheinlichkeit sich bei einem Sturz zu verletzten steigt mit dem Alter aufgrund physiologischer und pathologischer Veränderungen.Gang und Balance
Lauf- und Gleichgewichtsstörungen wurden in mehreren Überprüfungen konsequent als einer der stärksten Risikofaktoren für Stürze identifiziert.Sehvermögen
Die Abnahme des Visus stellt einen wichtigen Risikofaktor für Stürze im Alter dar.Kognitive Defizite
Aufmerksamkeit ist die Fähigkeit, sich auf die relevanten Reize zu konzentrieren und gleichzeitig die meisten anderen Reize zu unterdrücken. Die geteilte Aufgabe, also die Fähigkeit, mehr als eine Aufgabe gleichzeitig auszuführen, korreliert stark mit dem Sturzrisiko.Sarkopenie:
Störungen von Gang, Gleichgewicht und Kraft sind sehr häufig Frühzeichen der altersassoziierten Abnahme der Muskelmasse. Mit der Reduktion der Kraft der unteren Extremität geht der Verlust der funktionellen Unabhängigkeit älterer Personen einher (Siehe Abbildung).Und viele mehr…
Doch was kann nun das Individuum tun, um sich vor Stürzen und ihren teilweise dramatischen Folgen schützen zu können?
Einige Faktoren wie Beispielsweise das Alter lassen sich nicht beeinflussen. Andere Risikobereiche hingegen können mit relativ geringem Aufwand minimiert werden. Nachfolgend unsere wichtigsten Empfehlungen:
Betreiben Sie regelmässig Krafttraining!
Es konnte mehrfach gezeigt werden, dass regelmässig durchgeführtes Krafttraining das Sturzrisiko minimiert. Mit kräftigen Beinen können beispielsweise Stolperer aufgefangen werden, welche bei fehlender Kraft in Stürze münden würden.Integrieren Sie Gleichgewichtsübungen in Ihr Training!
Durch regelmässig durchgeführtes Gleichgewichtstraining kann der altersbedingte Abbau der neuronalen Funktion herausgezögert werden, was in einer verbesserten Funktion des Muskel- und Nervensystems ersichtlich wird.Betreiben Sie Ausdauertraining!
Mit erschöpftem Herzkreislaufsystem steigt das Sturzrisiko deutlich. Im Umkehrschluss ist es logisch, dass mit einer erhöhten Ausdauerleistungsfähigkeit die Erschöpfung geringer ist, und dadurch auch ein geringeres Sturzrisiko resultiert.Bleiben Sie „agil“!
Neuere wissenschaftliche Arbeiten gehen davon aus, dass es wichtig ist, auch im Alter noch agil zu bleiben. Doch was bedeutet das genau? Versuchen Sie Ihren Körper und Ihren Geist im Training möglichst facetten- und abwechslungsreich zu fordern und kombinieren Sie Trainingsmethoden auf unterschiedlichste Art und Weise. Häufig werden zentrale Elemente ganz vergessen. Um einige Beispiele zu nennen: Sie sollten kognitive Aufgaben, Richtungsänderungen, exzentrisches Training, Reaktionsübungen und vieles mehr in ihr Trainingsprogramm integrieren. Nur so können Sie sich auch langfristig optimal vor Stürzen schützen.
Literaturverzeichnis:
Alexander, B. H., Rivara, F. P., & Wolf, M. E. (1992). The cost and frequency of hospitalization for fall-related injuries in older adults. American Journal of Public Health, 82(7), 1020–1023.
Ambrose, A. F., Paul, G., & Hausdorff, J. M. (2013). Risk factors for falls among older adults: a review of the literature. Maturitas, 75(1), 51–61.
Beratungsstelle für Unfallverhütung [bfu], (2016). STATUS 2016: Statistik der Nichtberufsunfälle und des Sicherheitsniveaus in der Schweiz, Strassenverkehr, Sport, Haus und Freizeit. Bern: Beratungsstelle für Unfallverhütung.
Donath, L., van Dieën, J., & Faude, O. (2016). Exercise-Based Fall Prevention in the Elderly: What About Agility? Sports Medicine (Auckland, N.Z.), 46(2), 143–149. https://doi.org/10.1007/s40279-015-0389-5
Hausdorff, J. M., Rios, D. A., & Edelberg, H. K. (2001). Gait variability and fall risk in community-living older adults: a 1-year prospective study. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, 82(8), 1050–1056.
Heinrich, S., Rapp, K, Rissmann, U., Becker, C., & König, H,H. (2010). Cost of falls in old age: a systematic review. Osteoporosis International, 21(6),891–902.
Holtzer, R., Friedman, R., Lipton, R.B., Katz, M., Xue, X., & Verghese, J. (2007). The relation-ship between specific cognitive functions and falls in aging. Neuropsychology, 21(5), 540–8.
Inouye, S., Brown, C., & E Tinetti, M. (2009). Medicare Nonpayment, Hospital Falls, and Unintended Consequences. The New England Journal of Medicine, 360, 2390–2393.
Moreland, J. D., Richardson, J. A., Goldsmith, C. H., & Clase, C. M. (2004). Muscle weakness and falls in older adults: a systematic review and meta-analysis. Journal of the American Geriatrics Society, 52(7), 1121–1129.
Segev-Jacubovski, O., Herman, T., Yogev-Seligmann, G., Mirelman, A., Giladi, N., & Hausdorff J,M. (2011). The interplay between gait, falls and cognition: can cognitive therapy reduce fall risk? Expert Review of Neurotherapeutics, 11(7), 1057–75.
Sommer, H., Brügger, O., Lieb, C., & Niemann, S. (2007). Volkswirtschaftliche Kosten der Nichtberufsunfälle in der Schweiz. Strassenverkehr, Sport, Haus und Freizeit. Bern: Beratungsstelle für Unfallverhütung. Gesundheitsförderung im Alter (BPGFA): Teilbereich Sturzprävention. Basel: Universitätsspital Basel, 2, 112-162.
Woollacott, M., & Vander Velde, T. (2008). Non-visual spatial tasks reveal increased interactions with stance postural control. Brain Research, 1208, 95–102.
Willimczik, K., Voelcker-Rehage, C., & Wiertz, O. (2006). Sportmotorische Entwicklung über die Lebensspanne Empirische Befunde zu einem theoretischen Konzept. Zeitschrift für Sportpsychologie, 13: 10-22.
Die Autoren:
Timon Baumgartner
CEO TBTraining GmbH
B.Sc. Sportwissenschaften
Dipl. Personal Trainer (SAFS)
Pain-Free Performance Specialist (PPSC)
www.tbtraining.ch
info@tbtraining.ch
Ko-Autorin:
Melanie Glover
B. Sc. Sportwissenschaften